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Klangwelten von Rolf Maier-Bode
"... Den acht Kunst-Objekten von Fabian Rabsch sind Lautsprecher zugeteilt, die ihnen musikalisch/klangliche Stimmen zu geben scheinen. Der Besucher kann sich zwischen den Klangquellen hindurch bewegen und näher an Einzelne heran. Dieser steuerbare Fokus lässt den realen Raum zwischen den Objekten erlebbar machen und zeigt, dass Verortung
für die Sinne essentiell ist. Im Gegensatz zum Internet, bei dem die gesamte Welt nur eine Armeslänge voraus endet - am Bildschirm. Dieser mag ein Fenster zur Welt sein, aber eben nicht die Welt selbst.
Obwohl stark modellhaft veranschaulicht die Vertonung die nicht-erlebbare Gleichzeitigkeit und die Überforderung der Menschen. Sie zeigt Gruppenbildung und schnelllebige Entwicklungen. Sie zeigt Auseinanderdriften und das nicht-perfekte der Menschlichkeit. Sie unterhält, gibt jede Menge „Input“, ist selbst überfordernd und kann durch aktiven Ortswechsel des Besuchers mit gestaltet werden.
Sie zeigt Bewegung und Veränderung wo keine ist. Denn die Objekte und der Raum bleiben wie sie sind. Diese Ton-Bild-Schere basiert nicht nur darauf, dass Musik und Klangkunst im Gegensatz zu bildender Kunst Zeitkunst sind sondern wird bewusst dadurch verstärkt, dass die Musik sich immer wieder aus dem abstrakten Klang heraus löst und konkret wird. Zeitweise werden sogar Geschichten durch die Musik und Klangwelt erzählt. Dies lässt die abstrakten, aber sinnlich eindeutigen Elemente umso vieldeutiger erscheinen.
Die Komposition wiederholt sich nach zwanzig Minuten, dennoch wird der Besucher auch danach immer wieder Neues entdecken können, da die Installation/Komposition darauf ausgelegt ist, nicht mit einem Mal erfahrbar zu sein. Der sprichwörtliche Blickwinkel wird zum „Hörwinkel“ und der Besucher sollte sein Erlebnis aktiv mit gestalten, indem er sich zu interessanten Klangquellen hin bewegt.
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Katalog:
Er wird einen Umfang von 52 Seiten (durchgehend bebildert) haben und wird am 25.05.2014 im Eigenverlag erscheinen. Der Ladenpreis beträgt 9.90 €.
Textbeiträge: Herrn Dr. Jehle, Herrn Fabian Mamuk und Herrmann Josef Eckl
ISBN
ist bestellbar unter
tel. 09404-963 0 563
info(at)raum204.de
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Vorwort
„Homo s@piens.
Fabian Rabsch und die Archäologie der Ähnlichkeit“
Ich ist ein anderer.
von Dr. Oliver Jehle
... Acht Stellagen stehen im Seitenschiff der Neupfarrkirche. Jedes dieser Gestelle aus dünnen Holzlatten (Holzbrettern), auf einen niedrigen Sockel montiert, bietet den Rahmen für eine Figuration, die in ihren gelängten Formen sogleich an den menschlichen Körper gemahnen. Aufgespannt zwischen den Koordinaten des jeweiligen Gestells, markieren diese Körper ihren Ort im Raum, ohne an Substanz zu gewinnen, die für Schwere und Solidität stünde. Vergehende Leibspuren aus Leinen und Holz, aus Teilen gebrauchter Alltagskleidung und zu Formationen gefügt, umstellen die einzelnen Gestelle und Körper den Betrachter und fordern einen Blick heraus, der zwischen schweifendem und verfeinertem Sehen oszilliert. In der so entstehenden, komplexen Simultaneität, die ein mehrteiliges Artefakt per definitionem entfaltet, liegt zugleich die leitende Frage begründet: Wie begegnet man dem ausgestellten Bild, das den Körper zu repräsentieren sucht? Wie ist der Begriff der Repräsentation adäquat zu fassen, wenn der Mensch in den Fokus gerät, der sich und sein Bild entwirft und gestaltet, um im Zeichen ubiquitärer Bilderfluten bestehen zu können und sei es, dass er sein Bild in sozialen Foren präsentiert und auf Vernetzung hofft, die in Rabschs Nomenklatur für die Welt des Internet stehen mag.
Nicht als statisches Zugleich, sondern als eine im Sehprozess immer wieder neu sich konfigurierende Struktur1, gleicht diese Installation somit einer Einladung: zu einer Bewegung durch den Raum und zur sehenden Begegnung mit den schwebenden Körperbildern, die sich leicht und zugleich ungebunden in den Koordinaten des Rahmengestells entfalten. In keinem Blickwinkel kann dieses Werk als Einheit betrachtet werden. Vielmehr zeigt es sich dem Betrachter in der Potentialität vieler möglicher Erscheinungen aus ebenso vielen möglichen Perspektiven. Was dem Rezipienten während seiner Bewegung durch das Seitenschiff der Neupfarrkirche bewusst wird, ist somit die Abhängigkeit der Erscheinung des Werks von seiner physischen Positionierung. Eine erhöhte Aufmerksamkeit für die eigene Physis wird erzwungen, die zu antworten scheint auf die Körper, die man betrachtet. Bewusst wird hier eine Situation der Kunstbetrachtung entfaltete, bei der aus einer Fülle zeitgleicher Details ausgewählt und in den Verlauf der Sprache übersetzt werden muss, sobald der Betrachter sich ein Urteil über das Gesehene zu bilden beginnt. Aber die Bedeutung reicht weiter, zielt sie doch auf die Infragestellung der ästhetischen Medien selbst, der Figuration im Raum, die vielfach einem Torso gleicht, und der Frage nach der Kunst als Trägerin und Garantin einer Sichtbarkeit des Körpers. Die zunächst naiv anmutende Frage danach, was mit den Begriffen der „Vernetzten Einsamkeit“ überhaupt gefasst werde, spielt darauf an, dass diese Körper sich im Netz entfalten, sei es als Datenmenge im Internet oder als digital verfügbares Abbild. Unkörperlich und auf einen binären Code reduziert, könnten sich diese Leiber nicht begegnen. Denn die telegene Sichtbarkeit des Menschen stellt als rezente Form menschlicher Wahrnehmbarkeit keinerlei Nähe her.
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Materialprozess in Rabschs Skulptur
von Fabian Mamok
Die perforierte Gipspatina der Gebilde und in seiner Oberflächenbeschaffenheit unbehandeltes, raues Holz lassen durch die heterogen-grobe Struktur Verletzung und Versehrtheit assoziieren. Die weiße Haut der Gebilde, die sich aus mehreren Schichten Sackleinen aufbaut und im Anschluss daran durch einen Gipsüberzug Form verliehen bekommt, erscheint in einem matten Weißton. Die Reduktion der Farbpalette die Entscheidung für Weiß thematisiert somit nicht ein individuelles seelisches Empfinden, das von den einzelnen Formationen ausgeht und dahingehend mit einem Schicksal konnotiert sein könnte, als vielmehr die Betrachtung und Erschließung von Raumdimensionen und die Ausdehnung eines Körpers darin. Auch wird der Abstraktionsgrad durch die Farbwahl gesteigert und führt weg vom Individuum hin zum schlichtweg aus Materie erwachsenden Körpermotiv und dessen Verortung in seiner Umgebung. Unterstützt wird dieser Vorgang durch die Diskontinuität in der Gestaltung der Oberflächen, die von Objekt zu Objekt variiert und dementsprechend auch Fragmente der zu Grunde liegenden Holzkonstruktion an die Oberfläche befördert. Kein fertiger und einheitlicher Zustand suggeriert den Gedanken einer abgeschlossenen Transformation die Prozessualität tritt in den Vordergrund und lässt völlig offen, in welche Richtung sich die fortschreitende Evolution entwickeln wird.
Den Anfang definiert Rabsch, indem er zunächst ein noch unter der Oberfläche erkennbares kariertes Hemd, eine Cordhose sowie einen schwarzen Plastikkleiderbügel mit Metallhaken am oberen Ende in einem Holzgestell aufspannt, sodass linker und rechter Arm v-förmig die Raumgrenzen nach oben erkunden, rechtes und linkes Bein die untere Ebene definieren. Der Oberkörper ist nach vorne geklappt und scheint nicht mehr in der Lage, sich selbst aufzurichten. Will man einer ikonographischen Interpretation folgen, die sich im Zusammenhang mit dem Ausstellungsort ergeben kann, zeigt das Motiv in seiner Komposition Nähe zu einem ans Kreuz genagelten Jesus, jedoch ohne Kreuz und ohne in seiner Reduktion auf einen Kleiderbügel beschränktes, identifizierbares Gesicht. Auch die verschraubte Befestigung der Skulptur in dem ihr zugewiesenen Gestell verstärkt diese Assoziation. Eine ikonologische Deutung würde auf das Leid, die Erlösung und Versöhnung mit Gott verweisen. ...
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